Texte verschiedener buddhistischer Traditionen

 Theravada

Die vier edlen Wahrheiten – (Auszüge aus der Lehrrede von Benares) (S 56, 11)

1. Die edle Wahrheit vom Leiden

Dies, Mönche, ist die edle Wahrheit vom Leiden:

Geburt ist Leiden,

Altern ist Leiden,

Krankheit ist Leiden,

Tod ist Leiden,

Zusammensein mit Unliebem ist Leiden,

Getrennt-Sein von Liebem ist Leiden,

nicht zu erlangen, was man sich wünscht, ist Leiden;

kurz, die fünf Anhaftensgruppen sind Leiden.

 

2. Die edle Wahrheit von der Ursache des Leidens

Dies, Mönche, ist die edle Wahrheit von der Ursache des Leidens:

Es ist dieses Begehren, das zu Wiedergeburt führt,

das mit Leidenschaft und Lust verbunden ist,

das sich mal hier und mal da vergnügt,

nämlich:

Begehren nach Sinnlichkeit,

Begehren nach Existenz (Werden),

Begehren nach Vernichtung.

 

3. Die edle Wahrheit von der Aufhebung des Leidens

Dies, Mönche, ist die edle Wahrheit von der Aufhebung des Leidens:

Es ist das vollständige, restlose Ende dieses Begehrens,

das Aufgeben,

die Entsagung,

die Befreiung,

die Loslösung.

 

4. Die edle Wahrheit vom Weg, der zur Aufhebung des Leidens führt.

Dies, Mönche, ist die edle Wahrheit vom Weg,

der zur Aufhebung des Leidens führt:

Es ist der edle achtfache Pfad,

nämlich dieser:

(1.) Rechtes Verstehen (rechte Ansicht)

(2.) Rechtes Denken

(3.) Rechtes Reden

(4.) Rechtes Handeln

(5.) Rechter Lebenserwerb

(6.) Rechte Anstrengung

(7.) Rechte Achtsamkeit

(8.) Rechte Konzentration.

 

Die fünf ethischen Übungsregeln

1. Lebewesen will ich nicht töten [oder verletzen].

2. Nicht-Gegebenes will ich nicht nehmen.

3. Unheilsame sexuelle Handlungen will ich nicht ausüben.

4. Lügen oder Unheilsame Rede will ich nicht gebrauchen.

5. Alkohol, Drogen und Rauschmittel, die die Ursache für

Unachtsamkeit sind, will ich nicht zu mir nehmen.

Diese Übungsregeln nehme ich auf mich.

 

Bitte um Vergebung

Was ich mit Körper, Rede und Geist

achtlos an Fehlern gemacht habe:

Möge mir vergeben werden, oh Ehrwürdiger,

Tathāgata von großer Weisheit.

Was ich mit Körper, Rede und Geist

achtlos an Fehlern gemacht habe:

Möge mir vergeben werden, oh Dhamma,

erkennbar und zeitlos.

Was ich mit Körper, Rede und Geist

achtlos an Fehlern gemacht habe:

Möge mir vergeben werden, oh Saṅgha,

gut-praktizierend und unvergleichlich.

 

 

Diese fünf Fähigkeiten, ihr Mönche, gibt es. Welche fünf? 
• Die Fähigkeit des Vertrauens, 
• die Fähigkeit der Willenskraft , 
• die Fähigkeit der Achtsamkeit , 
• die Fähigkeit der Sammlung, 
• die Fähigkeit der Weisheit. 
Diese fünf Fähigkeiten, ihr Mönche, gibt es".

Wer, ihr Mönche, 
diese fünf Fähigkeiten völlig vollendet hat, ist ein Heiliger. 
Sind sie schwächer, ist einer ein Nichtwiederkehrer; 
sind sie noch schwächer, ist einer ein Einmalwiederkehrer,
noch schwächer ein Stromeingetretener, 
noch schwächer ein der Lehre Nachfolgender, 
noch schwächer ein aus Vertrauen Nachfolgender.

So macht, ihr Mönche, 
die Unterschiedlichkeit der Fähigkeiten die Unterschiedlichkeit der Früchte aus, die Unterschiedlichkeit der Früchte, die Unterschiedlichkeit der Nachfolger.

 

Glaub nicht blind was andere sagen – auch dem Buddha nicht. Finde selbst heraus, was Zufriedenheit, Klarheit und Ruhe bringt. Ebendies ist der Pfad, dem du folgen sollst.

Buddha

 

Die drei Merkmale

 

Alle bedingten Phänomene (Dinge) sind unbeständig.

Wenn man das mit Weisheit sieht

dann wird man des Leidens überdrüssig.

Dies ist der Weg zur Reinheit.

 

Alle bedingten Phänomene (Dinge) sind Leiden (unbefriedigend).

Wenn man das mit Weisheit sieht

dann wird man des Leidens überdrüssig.

Dies ist der Weg zur Reinheit.

 

Alle Dinge sind Nicht-Selbst. (Alles [Erkennbare] ist Nicht-Selbst.)

Wenn man das mit Weisheit sieht

dann wird man des Leidens überdrüssig.

Dies ist der Weg zur Reinheit.

 

Die fünf täglichen Betrachtungen

(Fünf Dhammas, die reflektiert werden sollten)

 

1. Altern ist meine Natur, ich bin nicht frei vom Altern.

 

2. Krankheit ist meine Natur, ich bin nicht frei von Krankheit.

 

3. Tod ist meine Natur, ich bin nicht frei von Tod.

 

4. Alles was mein ist, mir lieb und angenehm, wird sich ändern und vergehen.

 

5. Ich bin der Eigentümer meines Kamma

 

Wisse, dass alle Dinge so sind.
Ein Bild, ein Wolkenschloss.
Ein Traum, eine Erscheinung.
Ohne Essenz, aber mit Qualitäten, die gesehen werden können.

Wisse, dass alle Dinge so sind.
Wie derMond an einem hellen Himmel.
In einem klaren Fluss reflektiert.
Doch der Mond hat sich nie in den Fluss begeben.

 

Wisse, dass alle Dinge so sind.
Wie ein immer wiederkehrendes Echo.
Von Musik, Geräuschen.
Aber in diesem Echo ist keine Melodie.

 

Wisse, dass alle Dinge so sind.
Wie ein Magier, der Illusionen produziert.
Von Pferden, Oxen und anderen Dingen.
Nichts ist, wie es scheint.

 Tibetischer Buddhismus

Die 37 Übungen des Bodhisattva       Togme Zangpo
Das kostbare menschliche Leben
(1) Die Übung der Bodhisattvas ist: jetzt, da wir das große Boot zur Verfügung haben, das so schwer zu finden ist, [nämlich ein menschliches Leben,] das mit reichen Ausstattungen versehen ist und uns Muße gewährt, Tag und Nacht unbeirrt zuzuhören, nachzudenken und zu meditieren, um uns selbst und andere aus dem Ozean des zwanghaften Daseinskreislaufs zu befreien.

Die Umstände, die am förderlichsten sind, um sich das kostbare menschliche Leben zu nutze zu machen


(2) Die Übung der Bodhisattvas ist, den Heimatort zu verlassen, wo uns einerseits die Anhaftung an Freunde aufwühlt wie Wasser und andererseits der Ärger über Feinde wie Feuer in uns brennt, und wo uns Naivität in Dunkelheit hüllt, sodass wir vergessen, was anzunehmen und was aufzugeben ist.

 

(3) Die Übung der Bodhisattvas ist, sich der Einsamkeit abgelegener Orte anzuvertrauen, wo die störenden Emotionen und Einstellungen nach und nach verblassen, indem wir von der Beschäftigung mit abträglichen Objekten ablassen, und wo unsere aufbauenden Aktivitäten auf natürliche Weise zunehmen, weil es keine Ablenkungen gibt, und, indem wir unser Gewahrsein läutern, die Gewissheit hinsichtlich des Dharma wächst.

 

Tod und Vergänglichkeit

(4) Die Übung der Bodhisattvas ist, vom ausschließlichen Trachten nach den Belangen des jetzigen Lebens abzulassen, in dem sich Freunde und Bekannte, die lange vereint waren, schließlich doch trennen müssen, Reichtum und Besitztümer, die mit Anstrengung zusammengetragen wurden, doch zurückgelassen werden müssen, und unser Bewusstsein, der Gast, das Gasthaus des Körpers verlassen muss.

 

Warum es wichtig ist, die richtigen Freunde zu haben

(5) Die Übung der Bodhisattvas ist, sich von schlechten Freunden zu trennen, in deren Gesellschaft sich die drei giftigen Emotionen in uns verstärken, sich unsere Aktivitäten des Zuhörens, Nachdenkens und Meditierens verringern und unsere Liebe und unser Mitgefühl schwinden.

 

(6) Die Übung der Bodhisattvas ist, die würdigen spirituellen Lehrer wertzuschätzen, mehr noch als unseren eigenen Körper, denn wenn wir auf sie vertrauen, verringert sich unser fehlerhaftes Verhalten und unsere guten Eigenschaften wachsen an wie der zunehmende Mond.

 

Sichere Ausrichtung (Zuflucht)
(7) Die Übung der Bodhisattvas ist, die sichere Richtung der höchsten Juwelen einzuschlagen, indem wir den Schutz derer suchen, die niemals trügen, denn wen können schon weltliche Götter beschützen, die selbst noch im Gefängnis von Samsara gefesselt sind?

 

Auf destruktives Verhalten verzichten
(8) Die Übung der Bodhisattvas ist, niemals schädliche Handlungen zu begehen, nicht einmal, wenn das eigene Leben auf dem Spiel steht, denn der fähige Weise lehrte, dass die Leiden der niederen Bereiche des Daseinskreislaufs, die so überaus schwer zu ertragen sind, das Ergebnis von schädlichem Handeln sind.

 

Auf die Befreiung hinarbeiten
(9) Die Übung der Bodhisattvas ist, mit regem Interesse nach dem höchsten, unvergänglichen Zustand der Befreiung zu streben, denn die Annehmlichkeiten der drei Bereiche zwanghafter Existenz sind Phänomene, die nur einen kurzen Augenblick währen und dann dahinschwinden wie Tautropfen auf der Spitze von Grashalmen.

 

Eine Bodhichitta-Ausrichtung entwickeln
(10) Die Übung der Bodhisattvas ist, die altruistische Absicht von Bodhichitta zu entwickeln, die darauf abzielt, die unendlich vielen Lebewesen zu befreien, denn wozu soll unser eigenes Glück gut sein, wenn unsere Mütter, die uns seit anfangsloser Zeit geliebt haben, leiden?

 

Sich selbst mit anderen austauschen
(11) Die Übung der Bodhisattvas ist, unser persönliches Glück wahrhaftig gegen die Leiden der anderen Wesen einzutauschen, denn unsere Leiden entstehen ausnahmslos aus der Begierde nach persönlichem Glück; vollkommene Erleuchtung hingegen entsteht aus der Absicht, anderen von Nutzen zu sein.

 

Das Verhalten eines Bodhisattva: Wie man damit umgeht, wenn einem Leid zugefügt wird
(12) Die Übung der Bodhisattvas ist: selbst wenn jemand unter dem Einfluss großer Begierde unsere Reichtümer stiehlt oder andere dazu veranlasst, ihm dennoch unseren Körper, unsere Ressourcen und unsere konstruktiven Handlungen aus allen drei Zeiten zu widmen.

 

(13) Die Übung der Bodhisattvas ist: selbst wenn jemand uns den Kopf abschlägt, obwohl wir überhaupt nichts falsch gemacht haben, dennoch die schlimmen Folgen seiner Handlung mit der Kraft des Mitgefühls auf uns zu nehmen.

 

(14) Die Übung der Bodhisattvas ist: selbst wenn jemand in tausend, Millionen, Milliarden von Welten vielerlei Unrühmliches über uns verbreitet, als Erwiderung liebevoll von seinen guten Eigenschaften zu sprechen.

 

(15) Die Übung der Bodhisattvas ist: selbst wenn uns jemand öffentlich bloßstellt und schlecht über uns redet, uns voller Achtung vor ihm zu verneigen und unterscheidend festzustellen, dass die Person unser spiritueller Lehrer ist.

 

(16) Die Übung der Bodhisattvas ist: selbst wenn jemand, um den wir uns gekümmert und den wir geschätzt haben wie unser eigenes Kind, uns nun feindselig gegenübertritt, ihm besondere Zuneigung zu schenken, wie eine Mutter ihrem Kind, wenn es von Krankheit heimgesucht wird.

 

(17) Die Übung der Bodhisattvas ist: selbst wenn uns jemand aus Arroganz beleidigend behandelt, sei er gleichgestellt oder unterlegen, voller Achtung vor ihm das Haupt zu neigen wie vor unserem spirituellen Meister.

 

Zwei kritische Situationen, die der Dharma-Praxis bedürfen
(18) Die Übung der Bodhisattvas ist: selbst wenn wir in Armut leben und von anderen Menschen verachtet werden, von schlimmer Krankheit befallen oder von Geistern heimgesucht werden, uns nicht entmutigen zu lassen und stattdessen die negativen Kräfte und Leiden der anderen Lebewesen zu übernehmen.

 

(19) Die Übung der Bodhisattvas ist: selbst wenn wir mit wohlgefälligen Worten gerühmt werden und zahlreiche Wesen respektvoll den Kopf vor uns neigen, oder wenn wir in den Besitz von Reichtümern gelangen, die denen des [Reichums-Gottes] Vaishravana gleichen, niemals eingebildet zu werden, da wir erkennen, dass weltlicher Reichtum ohne Essenz ist.

 

Feindseligkeit und Anhaftung überwinden
(20) Die Übung der Bodhisattvas ist, unseren Geistesstrom mit der Macht von Liebe und Mitgefühl zu zähmen, denn wenn wir unsere eigene Feindseligkeit nicht überwunden haben, mag es zwar sein, dass wir äußere Feinde bezwingen, doch sogleich werden sich wieder neue erheben und immer zahlreicher werden.

 

(21) Die Übung der Bodhisattvas ist, alle Objekte, die unser Hängen an etwas und unsere Anhaftung anwachsen lassen, sogleich aufzugeben, denn die Objekte der Begierden sind wie Salzwasser: Je mehr wir davon zu uns nehmen, umso größer wird der Durst.

 

Das tiefste Bodhichitta, die Verwirklichung der Leerheit, entwickeln
(22) Die Übung der Bodhisattvas ist, [den scheinbar] innewohnenden Merkmalen der wahrgenommen Objekte und des wahrnehmenden Geistes keine Aufmerksamkeit zu schenken, in dem Wissen, wie die Dinge wirklich existieren: denn ganz gleich, wie sie erscheinen mögen – die Erscheinung entstammt unserem eigenen Geist.

Und der Geist selbst ist von Anbeginn an ohne die extremen Vorstellungen, die er fabriziert.

 

(23) Die Übung der Bodhisattvas ist, davon abzulassen, an gefälligen Objekten, auf die wir treffen, zu hängen und danach zu greifen - sie vielmehr zu betrachten wie einen Regenbogen im Sommer: Er erscheint wunderschön, doch ist er nicht wahrhaft existent.

 

(24) Die Übung der Bodhisattvas ist, widrige Umstände, auf die wir treffen, als Trugbilder anzusehen, denn vielerlei Leiden sind wie der Tod unseres Kindes im Traum – wie aufreibend, derlei trügerische Erscheinungen für wahr zu halten!

 

Die sechs weitreichenden Geisteshaltungen
(25) Die Übung der Bodhisattvas ist, freigebig zu sein, ohne etwas dafür zu erwarten oder in der Hoffnung auf karmische Ergebnisse. Denn wenn diejenigen, die Erleuchtung wünschen, sogar den eigenen Körper hergeben müssen, was braucht man da von äußerem Besitz überhaupt noch zu reden?

 

(26) Die Übung der Bodhisattvas ist, ethische Selbstdisziplin zu wahren, ohne weltliche Bestrebungen zu hegen. Denn wenn wir ohne ethische Selbstdisziplin nicht einmal unser eigenes Wohl verwirklichen können, ist es lachhaft, das Wohl der anderen bewirken zu wollen.

 

(27) Die Übung der Bodhisattvas ist, sich Geduld anzugewöhnen, ohne irgendjemandem gegenüber Feindseligkeit zu hegen. Denn für einen Bodhisattva, der einen Reichtum an positiver Kraft aufbauen will, sind alle, die Schaden anrichten, wie ein kostbarer Schatz.

 

(28) Die Übung der Bodhisattvas ist, freudige Ausdauer aufzubringen - die Quelle von guten Qualitäten zum Nutzen der umherwandernden Wesen, denn wir sehen, dass selbst Shravakas und Pratyekabuddhas, die lediglich ihr eigenes Wohl verwirklichen, eine solche Ausdauer haben, dass sie sich von einem Feuer abwenden würden, das über ihrem Kopf ausbricht.

 

(29) Die Übung der Bodhisattvas ist, sich geistige Stabilität zu eigen zu machen, die rein über die vier formlosen (Vertiefungen der Meditation) hinausreicht, denn wir wissen, dass ein Geisteszustand von außergewöhnlicher Wahrnehmungsfähigkeit, verbunden mit einem Zustand, der völlig still und zur Ruhe gekommen ist, die störenden Emotionen und Geisteshaltungen ganz und gar überwinden kann.

 

(30) Die Übung der Bodhisattvas ist, das unterscheidende Gewahrsein zu kultivieren, das mit wirksamen Methoden verbunden ist und keine Vorstellungen [wahrhafter Existenz] der drei Sphären hegt, denn ohne das unterscheidende Gewahrsein können die fünf [anderen] weitreichenden Geisteshaltungen nicht zur Verwirklichung vollkommener Erleuchtung führen.

 

Die tägliche Praxis eines Bodhisattva
(31) Die Übung der Bodhisattvas ist, fortwährend unsere Selbsttäuschungen zu untersuchen, denn wenn wir nicht selbst überprüfen, wo und wie wir uns täuschen, kann es passieren, dass wir etwas tun, das zwar die [äußeren] Form von Dharma hat, aber nicht Dharma ist.

 

(32) Die Übung der Bodhisattvas ist, nicht über die Fehler von jemandem zu reden, der sich auf den Mahayana-Pfad begeben hat, denn wenn wir unter dem Einfluss störender Emotionen und Geisteshaltungen über die Fehler von anderen reden, die Bodhisattvas sind, mindern wir nur uns selbst herab.

 

(33) Die Übung der Bodhisattvas ist, sich von der Anhaftung an das häusliche Leben von Verwandten, Freunden und an die Wohnstätten von Mäzenen zu befreien, denn wenn wir unter dem Einfluss [des Begehrens nach] Gewinn und Ansehen stehen, werden wir miteinander streiten und unsere Aktivitäten des Zuhörens, Nachdenkens und Meditierens werden nachlassen.

 

(34) Die Übung der Bodhisattvas ist, barsches Reden aufzugeben, das den Geist anderer verstört, denn grobe Worte wühlen andere auf und bewirken, dass unser Bodhisattva-Verhalten sich verschlechtert.

 

(35) Die Übung der Bodhisattvas ist, dafür zu sorgen, dass die Wächter der Wachsamkeit und Vergegenwärtigung kraftvolle Abwehrmittel ergreifen und störende Emotionen und Geisteshaltungen wie Anhaftung usw. augenblicklich vertreiben, sobald sie erstmals aufgetreten sind. Denn wenn wir uns an die störenden Emotionen und Geisteshaltungen gewöhnen, wird es schwer sein, sie durch Gegenmittel abzuwenden.

 

(36) Kurz gesagt: Die Übung der Bodhisattvas ist, das Wohl der anderen zu bewirken, indem wir stets Vergegenwärtigung und Wachsamkeit aufrechterhalten und, wo immer wir sind und wie wir uns auch verhalten, uns fragen: In welcher Verfassung ist mein Geist?

 

(37) Die Übung der Bodhisattvas ist, mit dem unterscheidenden Gewahrsein, dass die drei Sphären völlig rein sind, die förderlichen Kräfte, die durch Bemühungen wie diese entstanden sind, der Erleuchtung zu widmen, um die Leiden der zahllosen umherwandernden Wesen zu beseitigen.

 

Abschließende Erklärung
Ich habe diese siebenunddreißig Übungen der Bodhisattvas gemäß der erhabenen Bedeutung dessen, was in den Sutras, Tantras und Abhandlungen kundgetan wurde, für diejenigen zusammengestellt, die sich auf dem Pfad der Bodhisattvas schulen wollen.

Da ich nicht sehr intelligent und nur wenig gebildet bin, sind sie nicht in einem Versmaß abgefasst, das die Gelehrten erfreuen würde, doch da ich mich auf die Sutras und die Worte der Erhabenen gestützt habe, denke ich, dass die [hier dargelegten] Bodhisattva-Übungen ohne Täuschung sind.

Nichtsdestotrotz bitte ich die Erhabenen, Nachsicht zu haben mit meinen vielen Fehlern, falls sich zum Beispiel etwas widersprechen sollte oder unzusammenhängend ist, denn für solche von so geringer Intelligenz wie mich ist es schwer, die Tiefe der großen Wogen des Bodhisattva-Verhaltens zu ermessen.

Mögen mithilfe der konstruktiven Kraft, die daraus entstanden ist, alle umherwandernden Wesen durch das höchste letztendliche und konventionelle Bodhichitta dem Beschützer Avalokiteshvara gleich werden, der weder im Extrem zwanghafter samsarischen Existenz noch in der Selbstzufriedenheit des Nirvana verweilt.

Diese Verse wurden in der Rinchen-Höhle in Ngulchu von dem disziplinierten Mönch Togme, einem Lehrer der Schriften und der Logik, zum eigenen Nutzen sowie auch zum Nutzen anderer verfasst.


 

Die beste Art eine kostbare menschliche Wiedergeburt zu nutzen 
Wir alle haben eine kostbare menschliche Wiedergeburt erlangt, mit einem kostbaren menschlichen Körper, der uns größtmöglichen spirituellen Fortschritt erlaubt. Um Erleuchtung zu erlangen könnten wir keine bessere Möglichkeit haben, als wir das jetzt als menschliche Wesen haben – nicht einmal wenn wir als Indra, König der Götter, wiedergeboren wären!

Da es keine bessere Arbeitsbasis gibt als die, die wir jetzt haben, ist es wichtig, dass wir möglichst alle Maßnahmen kennen, um sie auf bestmögliche Art zu nutzen. Der allerbeste Weg, um spirituellen Fortschritt zu erzielen, ist in uns selbst ein gütiges und warmes Herz immer weiter zu entwickeln. Auf der Basis der Herzenswärme können wir dann fortfahren und das hingebungsvolle Herz der Bodhichitta-Ausrichtung entwickeln. Dies ist der Wunsch, Erleuchtung zu erlangen, mit anderen Worten: der Wunsch, all unsere Unzulänglichkeiten zu beseitigen und unser höchstes Potenzial zu erreichen, um fähig zu sein, jedem so gut wie möglich helfen zu können. Wenn wir unser Herz für andere und dem Ziel, Erleuchtung zu erlangen, hingeben, dann ist das die beste Art, wie wir unsere kostbare menschliche Wiedergeburt nutzen können.

 

Acht Verse des Geistestrainings                Geshe Langri Tangpa

(1) Möge ich stets alle begrenzten Wesen hoch schätzen, indem ich bedenke, dass sie viel wertvoller sind als Wunsch erfüllende Edelsteine, um das höchste Ziel zu erreichen.

(2) Wann immer ich in Gesellschaft anderer bin, möge ich mich als den Geringsten von allen betrachten, und aus tiefstem Herzen andere für höher als mich selbst erachten.

(3) Möge ich in all meinem Verhalten den Fluss meines Geistes überprüfen und störenden Emotionen oder Vorstellungen, sobald sie auftauchen, mit aller Kraft entgegentreten und sie von mir weisen, weil sie mir und anderen nicht gerecht werden.

(4) Wenn ich ein Wesen sehe, das instinktiv böse handelt, überwältigt von Lastern und heftigem Leid, möge ich es für so wertvoll halten, als sei ich auf einen schwer zu findenden, kostbaren Schatz gestoßen.

(5) Wenn andere mich aus Neid ungerecht behandeln, beschimpfen, verleumden und dergleichen, möge ich Niederlagen akzeptieren und den Sieg anderen überlassen.

(6) Selbst wenn jemand, dem ich geholfen habe und in den ich große Erwartungen setze, mir völlig unberechtigt schaden würde, möge ich sie oder ihn als vortrefflichen Lehrer ansehen.

(7) Kurz gesagt, möge ich all meinen Müttern, alles zukommen lassen, was ihnen nützt und sie glücklich macht, sei es direkt oder indirekt, und möge ich insgeheim all ihre Schwierigkeiten und ihr Leid übernehmen.

(8) Möge ich während all dessen unbeeinträchtigt von den Makeln der Gedanken an die acht flüchtigen, weltlichen Belange sein. Möge ich in dem Wissen, dass alle Phänomene gleich Illusionen sind, nicht daran hängen und mich von allen Fesseln befreien.

 

Die drei Hauptaspekte des Pfades                         Tsongkhapa

Ich verneige mich vor meinen erhebenden, makellosen spirituellen Lehrern.

(1) Ich werde versuchen, so gut ich kann, den wesentlichen Sinn all der schriftlich niedergelegten Worte der Siegreichen zu erklären, den Pfad, der von den heiligen Nachkommen der Siegreichen gepriesen wird, den Übergang für die Glücklichen, die Befreiung wünschen.

 

(2) Höre zu mit klarem (Geist), o Glücklicher, dessen Geist sich auf den Pfad stützt, der die Siegreichen erfreut, indem er nicht an den Freuden der zwanghaften Existenz haftet und bemüht ist, diesem Leben, das mit Ruhepausen und bereichernden Faktoren ausgestattet ist, Bedeutung zu verleihen.

 

(3) Da ein reges Interesse an den angenehmen Früchten des Ozeans zwanghafter Existenz ohne reine Entsagung keine Methode zum (Erlangen) des Friedens (der Befreiung) ist – begrenzte Wesen sind im Grunde völlig gefesselt von dem, was sie in zwanghaften Situationen finden – strebe zuerst nach Entsagung.

 

(4) Indem du deinen Geist damit vertraut machst, dass du keine Zeit verschwenden solltest, wenn ein Leben mit Ruhepausen und Bereicherungen so schwer zu finden ist, wende dich von der Besessenheit mit den Erscheinungen dieses Lebens ab. Indem du immer wieder über die Probleme sich wiederholender Wiedergeburten nachdenkst und darüber, dass (die Gesetzmäßigkeit von) verhaltensbedingter Ursache und Wirkung unfehlbar ist, wende dich davon ab, auf die Erscheinungen künftiger Leben versessen zu sein.

 

(5) Wenn du aufgrund dessen, dass du dich auf diese Weise damit vertraut gemacht hast, keinen Augenblick lang mehr einen Geist hervorbringst, der Sehnsucht nach dem Gepränge wiederholten Samsaras hat, und du die Haltung entwickelst, Tag und Nacht reges Interesse an Befreiung zu haben, hast du Entsagung entwickelt.

 

 Zen

Die Vier grossen Gelübde
Unzählig sind die lebenden Wesen. Ich gelobe, sie alle zu befreien.
Unerschöpflich sind die leidschaffenden Täuschungen. Ich gelobe, sie alle zu transformieren.
Unermesslich sind die Pforten des Dharma. Ich gelobe, sie ganz zu durchdringen.
Vollkommen ist der Buddha-Weg. Ich gelobe, ihn ganz zu verwirklichen.

 

Essenz des Sutras der Höchsten Weisheit, die es ermöglicht, darüber hinaus zu gehen

Der Bodhisattva des Großen Mitgefühls, Avalokiteshvara, sieht aufgrund seiner tiefen Praxis der Großen Weisheit, daß die fünf Skandha nur Leerheit sind. Durch dieses Verstehen lindert er alle Leiden.

 

Shariputra, die Formen unterscheiden sich nicht von der Leerheit und die Leerheit unterscheidet sich nicht von den Formen. Form (shiki) selbst ist Leerheit (ku), Leerheit selbst ist Form. So verhält es sich auch mit der Empfindung, der Wahrnehmung, den Geistesformationen und dem Bewusstsein.

 

Shariputra, alle Existenzen haben den Aspekt der Leerheit. Sie sind ohne Geburt und Erlöschen, weder rein noch beschmutzt, nehmen weder zu noch ab.

In der Leerheit gibt es also weder Form noch Empfindung, noch Wahrnehmung, noch Geistesformation, noch Bewusstsein; weder Auge noch Ohr, noch Nase, noch Zunge, noch Körper, noch Bewußtsein; weder Farbe, noch Ton, noch Geruch, noch Geschmack, noch Berührung, noch Gedanken. In der Leerheit existiert also der Bereich der Sinne nicht.

 

In der Leerheit gibt es weder Verblendung noch Ende der Verblendung, weder Täuschung noch Ende der Täuschung. Es gibt weder Verfall und Tod noch Ende von Verfall und Tod. Es gibt kein Leiden, keinen Ursprung, kein Ende, keinen Weg. In der Leerheit gibt es weder Weisheit, noch Erlangen, noch Nicht-Erlangen.

Dank dieser Großen Weisheit, die darüberhinaus führt, hat der Bodhisattva einen Geist frei von Hindernissen und kennt keine Angst, sind ihm Täuschung und Anhaftung fern. Er kann das höchste Ende, das Nirvana, erlangen. Alle vergangenen, gegengenwärtigen und zukünftigen Buddhas praktizieren die Große Weisheit und erlangen so das vollkommene Erwachen.

 

Wir müssen also verstehen, daß Hannya Haramita das große glänzende und leuchtende Mantra ist, dashöchste, unübertreffliche, unvergleichliche Ende. Seine Kraft schneidet alle Leiden ab. Es ist das wirkliche Mantra. Durch dieses Mantra ist es möglich, die Essenz aller Wahrheit zu erlangen:

 

„Gehen, gehen, gemeinsam über das Darüber-Hinaus hinaus gehen, bis zur vollständigen Vollendung des Weges.“

 

Chorgesang des Zen Meisters Hakuin
Lobpreisung des Zazen – Hakuin Zenji Zazen Wasan

Die Menschen sind in ihrem tiefsten Wesen Buddha; es ist wie bei Wasser und Eis: 
Wie es kein Eis gibt ohne Wasser, so gibt es nicht einen Menschen ohne Buddhanatur.
Wehe den Menschen, die in weiter Ferne suchen und nicht wissen, wie nahe die Wahrheit ist. 
Sie gleichen denen, die mitten im Wasser stehen und doch nach Wasser schreien.
Sie sind Kinder aus reichem Haus, die in Armut und Elend ihren Weg verloren haben.
Irrend durchwandern sie alle Welten, verstrickt im Finstern ihrer Unwissenheit. 
Wie könnten sie je frei werden von Geburt und Tod, wenn sie endlos im Dunkel des Irrtums suchen?
Zazen, wie es der Buddha lehrt: Kein Lob kann sein Verdienst erschöpfen! Alle Tugenden, Barmherzigkeit und Sittlichkeit, alle gute Tat, Lobpreisung Buddhas und alle Übungen, alle münden sie hier!
Wem nur ein einmaliger Sitz sich vollendet, dem löst sich alles Karma auf, angehäuft in zahllosen Leben. 
Wo sind die Pfade des Übels, wenn Reines Land so nahe ist?
Wer voll Demut auch einmal nur diese Wahrheit vernimmt, wer sie preist und mit Vertrauen verfolgt, erlangt unendliche Glückseligkeit.
Mehr noch: Wenn wir uns ganz der Suche hingeben und unmittelbar unsere eigene Natur erleben, dann ist unser eigenes Wesen nichts anderes als die Natur des vollendeten Nichts und wir sind erhaben über des Denkens Spiel.
Weit öffnet sich das Tor der Einheit von Ursache und Wirkung, und der einzige Weg tut sich auf: Geradeaus hin, kein zweiter und dritter.
Wer ihn beschreitet, der nimmt an als Gestalt die Gestalt des Gestaltlosen, und sein Gehen und Kommen geschieht nirgends, denn wo er ist.
Der nimmt an als sein Denken das Denken des Nicht-Denkens, und sein Singen und auch sein Tanzen sind Stimme der Wahrheit.
Der Himmel des Samadhi ist grenzenlos und frei, und es leuchtet der volle Mond der vierfachen Weisheit.
In diesem Augenblick: Was fehlte da noch, wo sich offenbartdas Nirvana? Hier und jetzt ist Reines Land, und dieser Leib hier ist nichts anderes als Buddha.

 

Sutra des unbegrenzten Mitgefühls
Kannon, erhört die Schreie der Welt,
eins mit Buddha, in Ursache und Wirkung,
Vertraut mit Buddha, Dharma, Sangha,
ewig, selbstlos, rein und voll Freude.
Am Morgen, eins mit Kannon.
Am Abend, eins mit Kannon,
Augenblick für Augenblick entstehend,
Augenblick für Augenblick ungetrennt,

 

Hoch oben auf dem Gipfel des Berges,
grenzenlose Weite, wohin man auch schaut.
Niemand, der von mir weiß. Alleine sitze ich hier,
während ein einsamer Mond die kalte Quelle bescheint.
Dies in der Quelle ist nicht der Mond,
der Mond selbst steht am nachtblauen Himmel.
Ich singe dieses eine Lied,
doch findet sich darin kein Zen.

Han Shan

 

Über Zen                    Daio Kokushi, um 1300 n. Chr.

Es gibt eine Wirklichkeit,

die vor Himmel und Erde steht.

Sie hat keine Form,

geschweige denn einen Namen.

Augen können sie nicht sehen.

Lautlos ist sie,

nicht wahrnehmbar für Ohren.

Sie Geist oder Buddha zu nennen,

entspricht nicht ihrer Natur,

wie das Trugbild einer Blume wäre sie dann.

Nicht Geist, noch Buddha ist sie;

Vollkommen ruhig erleuchtet sie in wunderbarer Weise.

Nur dem klaren Auge ist sie wahrnehmbar.

Das Dharma ist sie und wirklich jenseits von Form und Klang.

Das Tao ist sie und Worte haben nichts mit ihr zu tun.

In der Absicht, Blinde anzuziehen,

ließ Buddha seinem goldenen Munde

spielerische Worte entspringen;

seitdem sind Himmel und Erde überwuchert

mit dichtem Dornengebüsch.

O meine lieben und ehrenwerten Freunde,

die ihr hier versammelt seid:

Wenn ihr euch danach sehnt,

die donnernde Stimme des Dharma zu hören,

gebt eure Worte auf,

entleert eure Gedanken,

dann kommt ihr soweit,

das eine Sein zu erkennen.